INHALT – Perspektiven einer categoria non grata im philologischen Diskurs

INHALT – Perspektiven einer categoria non grata im philologischen Diskurs

Graduiertentagung des Doktoratsprogramms des Deutschen Seminars der Universität Zürich

Zürich

4.–7. September 2012

CALL FOR PAPERS

Stehen »Form« und »Formalismus« seit Jahrzehnten philologisch hoch im Kurs, taugen »Inhalt« und vor allem »Inhaltismus« lediglich zum Verdikt. Folgerichtig sucht man spätestens seit den 1990er-Jahren vergeblich nach einer philologischen Inhalts-Diskussion: So findet sich beispielsweise im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft unter dem Lemma »Inhalt« lediglich ein Verweis auf das Schlagwort »Form«. Verschwunden ist die einst systembildende Kategorie damit jedoch noch nicht, sondern unterhält ein vielfach gefaltetes, größtenteils ungeklärtes Verhältnis zu partiellen Syno- und Antonymen wie Stoff, Motiv, Thema, Topos, Sinn, Botschaft, Problem, Gehalt, Gestalt oder Form: Terme, deren Einsatz häufig genug nur dürftig bedeckt, was durch sie schamhaft metonymisch eingeholt werden soll – »Inhalt«.

Die nachhaltigste Abwertung erfuhr der Inhaltsbegriff sicher von Seiten poststrukturalistischer Theorieansätze, die Inhalt weitestgehend mit Sinn und Bedeutung gleichsetzten und George Steiners rhetorische Frage »Hat unser Sprechen Inhalt?« abschlägig beschieden. Zu fragen bleibt, ob nicht auch und gerade für diese Strömungen – und sei es nur im negativen Bezug – ein wie auch immer gewendeter Inhaltsbegriff konstitutiv ist. Ähnliches ließe sich kritisch als Frage an den gegenwärtigen Medialitäts- und/als Übertragungsdiskurs herantragen, der sich der Kategorie des Inhalts häufig genug im oberflächlichen Rekurs auf McLuhan entledigt. Umgekehrt scheinen Inhalte als »Themen« im Diskurs der nicht mehr notwendig textzentrierten Kulturwissenschaften eine Selbstverständlichkeit und es liegt daher nahe, dass der weitgehende Abbruch der Form/Inhalt-Debatte innerhalb der Philologien keineswegs unabhängig von deren schrittweiser Umwandlung in eher referenzorientierte Kulturwissenschaften zu sehen ist.

Das Ziel der Graduiertentagung ist es, den mit großem Unbehagen behafteten Inhaltsbegriff in seinen aktuellen Verwendungen und deren Genese zu erkunden. Im ergebnisoffenen, multiperspektivischen Dialog sollte sich zeigen, inwiefern der Begriff rehabilitiert oder nach eingehender Prüfung guten Gewissens verabschiedet werden müsste. Die Tagung richtet sich explizit an Nachwuchsforschende der verschiedenen Philologien und deren Nachbardisziplinen. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass jedes Forschungsprojekt eine Reflexion auf seinen Inhalts- bzw. Themenbegriff erfordert und laden neben systematischen und/oder begriffsgeschichtlichen Arbeiten deshalb ausdrücklich zur Reflexion des Inhaltsbegriffs im Kontext des eigenen Forschungsvorhabens ein.

Erbeten sind Vorschläge für Vorträge von 20 bis 30 min Länge. Ein ca. einseitiges Abstract mit kurzer Biobibliographie wird bis spätestens 25. Mai 2012 erbeten an: doktoratsprogramm@ds.uzh.ch

Die Kosten für Anreise, Übernachtung und Rahmenprogramm werden übernommen, die Publikation der Beiträge in Form eines Sammelbandes ist vorgesehen.

HINWEIS: Dieser Call for Papers ist eine Übernahme aus einer anderen Informationsquelle. JLTonline publiziert ihn lediglich als Service und ist für die Inhalte und ihre Richtigkeit nicht verantwortlich.