Autorschaft zwischen Intention, Inszenierung und Gesellschaft

Autorschaft zwischen Intention, Inszenierung und Gesellschaft. Positionsbestimmungen nach der „Rückkehr des Autors“.

(Doktoranden)Kolloquium

31. März - 1. April 2011, Humboldt-Universität zu Berlin

Organisation: Matthias Schaffrick (Münster), Marcus Willand (Berlin)

Bewerbungsschluss: 24.12.2010

CALL FOR PAPERS

Mehr als zehn Jahre nach der „Rückkehr des Autors“ (Jannidis et. al. 1999) ist die Kategorie des ‚Autors‘ ein ungebrochen beliebtes Thema der literaturwissenschaftlichen Forschung. Autobiografien, Briefwechsel und Skandale wecken die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser. Vor allem junge literarische Autorinnen und Autoren nutzen veränderte mediale Möglichkeiten der Inszenierung in social networks, über twitter und auf youtube, um Authentizität ebenso zu beanspruchen wie zu negieren. Institutionen wie Literaturhäuser und Lesungen, Literaturpreise und Buchpräsentationen inszenieren Autorinnen und Autoren auf rituelle Weise, schaffen Orientierung im Literaturbetrieb und den Bedarf an neuen Formen der öffentlichen Darstellung von Autorschaft. Retrospektive Ausstellungen oder Literaturmuseen generieren Autorschaft aus dem Archiv.

Die dergestalt ungebrochene Präsenz von Autorschaft ergibt eine Fülle ungelöster, aber dringend zu klärender Fragestellungen und Problemfelder für die Literatur- und Kulturwissenschaft. Die Tagung lädt dazu ein, sich mit folgenden Themenfeldern auseinanderzusetzen:

1. Methodische Grundlagenreflexion

Der mit dem methodischen Konstrukt ‚Autor‘ verbundene Erklärungswert für den interpretativen Umgang mit literarischen Texten ist seit jeher umstritten, wenngleich das Konstrukt in der Methodologie als das distinguierende Moment theoretischer Positionierung fungiert. Diese Problematik wird durch die zunehmende Medialisierung der Autorschaft und das Phänomen verstärkt, dass jeder Text selbst auf spezifische Weise das Verhältnis seiner narrativen Instanzen wie Figuren und Erzähler zu seinem Autor bestimmt. Daher stellt sich die Frage, welchen Zugewinn eine allgemeine Theoretisierung des Paradigmas ‚Autorschaft‘ verspricht? Welche Grenzbegriffe bieten sich an? Welche Forschungsperspektiven eröffnen Hermeneutik, Narratologie, Kommunikationstheorie, Literatursoziologie und Performanztheorien beim gegenwärtigen Stand der Forschung?

2. Selbstautorschaft

Das Wortspiel ‚Auto(r)’ kombiniert mit Kategorien wie ‚Inszenierung‘, ‚Legitimation‘, ‚Autorisierung‘, ‚Fiktion‘, ‚Narration‘ etc. zu „Selbstautorschaft“ ist beliebt. Aber welche Annahmen und Konzepte stecken hinter der Doublette von ‚selbst-‘ und ‚auctor‘? Insbesondere Autonarration und Autofiktion tragen zur gesellschaftlichen Konstruktion von Autorschaft bei. Erschließen sich durch diese sich selbstbegründende Zirkularität Zugänge zur Medialität von Autorschaft im Internet oder zu alternativen Selbstentwürfen (Avataren) in virtuellen Räumen wie in second life?

3. Institution(alisierte) Autorschaft

Autorschaft konstituiert sich in Abhängigkeit von Institutionen. Es stellt sich die Frage, welche Funktion der Autor in persona als verkaufsförderndes Image oder als leserkonstruierte Imagination für literaturbezogene Institutionen (Literaturhäuser, -preise, -messen, etc.) übernimmt? Welche Funktion haben diese Institutionen für ihn? Autorschaft ist längst nicht nur eine Kategorie der Literatur, sondern – das zeigen aktuelle Publikationen – auch der Institution Wissenschaft. Welche epistemologischen Zusammenhänge bestehen zwischen Autor und Wissen? Wie stellen wissenschaftliche Autorinnen und Autoren Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit dar und her – und wie unterscheiden sie sich darin von literarischen Autorinnen und Autoren?

4. Intention

Keine Literatur ohne Autoren. Keine Literatur ohne Leser! Kognitionswissenschaft, kognitive Psychologie, Bewusstsseinsphilosophie und cognitive literary studies setzen neue Akzente in Bezug auf die psychologische, aber auch gesellschaftliche Bedeutung von Autorschaft. Welche neuen Einsichten werden hier formuliert, welchen praktischen Vorteil haben sie gegenüber älteren Modellen und in welchem methodologischen Verhältnis stehen sie zu ihnen? Wie lassen sich diese Fragen für historisierende Ansätze vernünftig stellen, bzw. gar beantworten?

Die Tagung setzt sich das Ziel auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung neue Perspektiven, neue Quellen und neue Ergebnisse zum Phänomen ‚Autorschaft‘ vorzustellen und zu diskutieren. Dabei steht vor allem die gesellschaftspolitische Bedeutung veränderter medialer Rahmenbedingungen und neuer wissenschaftlicher Ansätze im Vordergrund. Das Kolloquium dient dazu, an Autorschaft orientierte und interessierte Forschungsprojekte – möglichst über die Philologien hinaus – interdisziplinär zu vernetzen.

Vorschläge für ca. 20-minütige Vorträge können bis zum 24. Dezember 2010 in Form eines Abstracts (max. 500 Wörter) eingereicht werden bei

Matthias Schaffrick (matthias.schaffrick@uni-muenster.de) und

Marcus Willand (willandm@staff.hu-berlin.de)

Rückmeldungen werden bis spätestens Mitte Januar 2011 verschickt.

Hintergrund

Die Tagung wird organisiert im Rahmen der Promotionsförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes, ist aber offen für alle Interessierten. Die Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten ist allerdings gemäß den Vorgaben nur für Stipendiatinnen und Stipendiaten der Studienstiftung möglich. Unterstützt wird sie von der Graduate School „Practices of Literature“ (Münster) und dem PhD-Net „Das Wissen der Literatur“ (Berlin).

HINWEIS: Dieser Call for Papers ist eine Übernahme aus einer anderen Informationsquelle. JLTonline publiziert ihn lediglich als Service und ist für die Inhalte und ihre Richtigkeit nicht verantwortlich.